Wut als Kraftquelle der Leaderin
Warst Du schon einmal so richtig wütend, dass Du gedacht hast, Du explodierst gleich? Am liebsten würden wir dann ja schreien, toben, etwas kaputt machen. Aber ist das wirklich so gut? Sollten wir unserer Wut freien Lauf lassen?
Vor allem Frauen in Führungspositionen stehen vor der Herausforderung, mit Wut angemessen und konstruktiv umgehen zu können, ohne als „zu emotional“ wahrgenommen zu werden. Oft sehen wir selbst Wut als unangemessen und gefährlich an, weil wir Angst haben, die Kontrolle zu verlieren und als unprofessionell wahrgenommen werden.
Wut, wie andere Emotionen auch, wird oft als negativ betrachtet und sollte besser unterdrückt werden. Aber wie alle Emotionen hat Wut eine Signalfunktion, sie will uns etwas mitteilen. Etwas stimmt nicht. Wut ist also eine natürliche und berechtigte Emotion, die, wenn wir sie richtig kanalisieren können, sogar als Kompass und Kraftquelle dienen kann.
Wut verstehen
Wut entsteht, wenn wir denken, dass andere oder wir selbst eine Grenze überschritten haben. Wir fühlen uns angegriffen, ungerecht behandelt, bedroht, oder die Wut auf uns selbst, weil wir SCHON WIEDER etwas falsch gemacht haben.
Nimmt unser Gehirn eine Situation oder eine Person als potenziell gefährlich wahr, feuert die Amygdala – unsere Angstzentrale – sofort los. Sie ist Teil unseres limbischen Systems, das unter anderem für unsere Emotionen zuständig ist. Sie sorgt dafür, dass unser Hypothalamus die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin in unseren Körper ausschüttet, um uns sekundenschnell auf Kampf oder Flucht vorzubereiten – es geht ums nackte Überleben. Unser Atem beschleunigt sich und wird flacher, unser Herz schlägt schneller, unser Blutdruck steigt. Wir fliehen oder kämpfen, Gefahr vorbei, Stresshormone werden abgebaut, unser Körper entspannt sich. Werden ständig immer wieder Stresshormone freigesetzt sind wir konstant in der Stressreaktion. Das kann zu Herzkreislaufproblemen, aber auch zu Burnout, Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen führen.
Ein Teil der Wut, der Stressreaktion ist außerdem, dass unser rationales Denken ausgeschaltet wird und dafür das Reptiliengehirn übernimmt. Es läuft alles nur noch unterbewusst ab und wir können nicht mehr klar denken und vor allem keine vernünftigen Entscheidungen treffen. Wenn wir wütend sind, bringt argumentieren nichts, denn wir können es nicht aufnehmen und wir selbst können keine klaren Gedanken fassen, geschweige denn klar und ruhig kommunizieren. Unsere Beziehungen leiden.
Alles Gründe, Deine Wut nicht zu ignorieren oder zu unterdrücken, denn dann kommt sie immer stärker wieder. Allerdings bringt es auch nichts, sie unkontrolliert rauszulassen. Also schreien, schimpfen, meckern oder auf ein Kissen hauen, versetzt uns das auch wieder in eine Stresssituation und das bringt uns ja auch nichts, dann sind wir in einer Dauer-Wut-Stress-Schleife. Jemand anderen anschreien bringt übrigens auch nichts, denn dann fühlt die Person sich auch angegriffen, und geht in die Stressreaktion und die Situation schaukelt sich hoch.
Besser ist es, einmal tief durchzuatmen oder manchmal hilft es von 10 rückwärts runterzuzählen und dann die Situation, die uns wütend macht, neu zu bewerten.
Was macht uns wütend?
Es ist nämlich nicht eine Situation und ein anderer Mensch, der uns wütend macht, das erledigen schon wir selbst. Es sind unsere Gedanken, die wir uns wir über die Situation oder de anderen in diesem Moment machen.
Diese Gedanken entstehen vor allem, wenn wir unsicher sind, Selbstzweifel hegen, wenn wir wenig Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl haben. Dann fühlen wir uns schnell angegriffen. Dazu kommt die ständige bewertet und abgelehnt zu werden und Angst sorgt auch wieder für Wut.
Oft kommt die Wut auch, weil wir frustriert, überfordert und gestresst sind oder getriggert werden, aber auch dann sind es letztendlich unsere Gedanken, die dazu führen, dass wir wütend werden.
Beispiel: Nach einer Präsentation von Dir stehen Mitarbeiter noch zusammen und sprechen miteinander, dabei blicken sie immer mal wieder zu Dir. Was denkst Du? Du freust Dich, dass sie über Deine Präsentation sprechen, es hat also etwas in ihnen bewirkt. Oder Du denkst Dir, klar sprechen die jetzt darüber und kucken immer wieder zu mir, ich habe ja die Präsentation gehalten. Oder Du bist unsicher, weil sie jetzt bestimmt über Dich sprechen, weil ihnen Deine Präsentation nicht gefallen hat, weil Du nicht gut genug warst, warum würden die sonst immer wieder zu Dir sehen? Unsicherheit, Frustration und Wut kommen hoch.
Signal von Wut
Wut ist ein starkes Signal dafür, dass eines unserer Bedürfnisse nicht erfüllt wird. Etwas stört uns. Es ist ein Hinweis, dass im beruflichen (oder natürlich auch im privaten) Umfeld etwas nicht stimmt und es Zeit für eine Veränderung ist. Vielleicht musst Du Grenzen ziehen, zu etwas oder jemandem „Nein“ sagen, eine störende Situation ansprechen oder endlich für Deine Meinung und Ideen einstehen.
Wut hat also auch positive Aspekte. Sie hilft uns zu erkennen, was wir verändern wollen, und gibt uns Kraft, für unsere Ideen und Werte einzustehen. Sie gibt uns auch den Mut, Grenzen zu setzen und „Nein“ zu sagen. Außerdem kann sie genau die Energie freisetzen, die wir brauchen, um diese Veränderungen durchzuführen.
Wie kannst Du Wut effektiv und positiv nutzen?
„Jeder kann wütend werden – das ist einfach. Aber auf die richtige Person und im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Weise wütend zu sein, das ist nicht einfach.“
– Aristoteles
#1 Deine Wut erkennen und annehmen. Sie nicht unterdrücken. Sie ist da, also nimm Dir einen Moment, um zu spüren, warum Du wütend bist. Was will Deine Wut Dir sagen? Was hat Deine Wut ausgelöst? Denk an das Beispiel, was hast Du gedacht?
#2 Atme also einmal tief durch, das ist Dein natürlicher Stresskiller. Es hilft Dir auch bei Dir zu bleiben, bzw zu Dir zurückzukommen. Also richte die Aufmerksamkeit auf Dich und frage Dich, wie es Dir gerade geht. Beobachte Dich selbst. Warum bist Du gerade wütend? Was ist der eigentliche Grund? Wie würdest Du jetzt gerne reagieren? Wie möchtest Du Dich fühlen? Das kann Dir schon helfen, Deine Stresshormone abzubauen.
#3 Wenn Du nun kommunizierst, um Deine Wut auszudrücken, um zu sagen, was Dich stört, versuche Ich-Botschaften zu verwenden wie z.B. „Ich bin frustriert, weil ich das Gefühl habe, dass meine Arbeit nicht anerkannt und geschätzt wird.“ So kommunizierst Du klar und selbstbewusst, ohne andere zu beschuldigen. Du übernimmst Verantwortung, was Dein Selbstbewusstsein stärkt.
#4 Nutze Deine Wut als Katalysator, um für Dich einzustehen und für Deine Ideale und Ziele einzutreten. Nimm die freigesetzte Energie, um Deine gewünschten Veränderungen herbeizuführen und Deine Ziele zu erreichen.
#5 Wenn Du Deiner Wut, Angst, dem ganzen Stress auf die Schliche gekommen bist, können Dir körperliche Aktivitäten helfen die Stresshormone in Deinem Körper abzubauen und danach dieses wohlige Gefühl der Entspannung zu bekommen und Glückshormone freizusetzen.
#6 Um allgemein gelassener und reflektierter zu werden und um herauszufinden, was Dich immer wieder wütend macht, können Tagebuchschreiben und Meditation Dich unterstützen.
Fazit:
Wut ist kein Zeichen von Schwäche. Sie sollte nicht ignoriert oder unterdrückt, aber auch nicht unkontrolliert rausgelassen werden. Besser ist es einen Schritt zurückzutreten und sie anzuschauen und die Situation neu zu bewerten, um dann kraftvoll für Dich einzustehen und Dein Selbstbewusstsein zu stärken. Lerne Deine Wut kennen, um sie kontrolliert und produktiv für Dich selbst und Deine Karriere zu nutzen.
Also, lass es Dir gut gehen,
Deine Sibylle